Neuer Kunstteppich: Anke Lohrer knüpft Verbindungen ins Reich der Fäden und Knoten

Düsseldorf / Kathmandu, 2022-05-11 – Von wegen verstaubt: Die Gegenwartskunst hatte den Teppich fast völlig aus den Augen verloren – doch mittlerweile rollen immer mehr Künstler*innen das Medium neu auf. Eine von ihnen ist Anke Lohrer. „Ich wollte schon lange ein Bild in einen Teppich übersetzen, und Dinge wie Haptik und Materialität erkunden“, sagt die Meisterschülerin der Kunstakademie Düsseldorf. Die Galerie Sels in Düsseldorf zeigt jetzt erstmalig das Unikat, das nach einer Vorlage in einer Teppich-Manufaktur in Kathmandu handgeknüpft wurde. Die Künstlerin staunt, welche Wellen der Teppich, ein althergebrachter Prozess, in digi­ta­len Zeiten schlägt. 

 

 

 

Die Gäste der Ausstellung ‚Plant me a garden’ stolpern geradewegs über den Teppich, der auf dem Boden liegt und die Besucher*innen gleich am Eingang begrüßt. „Viele Kunstwerke hängen an der Wand, der ungewohnte Platz zieht die Blicke wie von selbst auf sich“, sagt Lohrer. Das Kunstwerk mit den organischen Formen beschreibt sie als „abstrakte Malerei, die ihren Ausgangspunkt in Pflanzen, Blüten und Wiesen in der Natur findet“. Dabei arbeitet sie sowohl figu­ra­tiv als auch abstrakt.

 

 

 

Die Künstlerin lobt Teppiche als künstlerische, zeitgemäßes Medien und und merkt an, „dass alle Kunst einmal ‚zeitgenössisch’ war.“ Teppiche inspirieren Künstler*innen, oft verbinden sie Knüpftraditionen mit zeitgenössischen Perspektiven. Ein prominentes Beispiel ist Gerhard Richter mit seinen gewebten Tapisserien aus dem Jahre 2009. Befragt, ob Sie sich als Teppich­künst­le­rin bezeich­nen würde, schüttelt Lohrer den Kopf: „Ich sehe mich als künstlerische Forscherin, erkunde Dinge und suche die mehrsinnliche Auseinandersetzung.“ Auch ihr Professor Fritz Schwegler, fügt sie hinzu, habe sich als Künst­ler nicht festlegen lassen. „Nach dem Abschluss an der Kunst­aka­de­mie richtete ich meinen Blick auf Kunstbücher und Male­rei“, erin­nert sich Lohrer. Zurzeit setzt sie sich aus unterschiedlichen Sichtweisen mit Natur, Philosophie und Wissenschaft auseinander. „In den Arbeiten erforsche ich die Wirkung und den architektonischen Aufbau von Pflanzen“, sagt die gebürtige Düsseldorferin, die auch an der Folkwang Universität und der École nationale supérieure des beaux-arts de Paris studiert hat. 

 

Die Galerie Sels präsentiert den Teppich jetzt zum ersten Mal in ihren Räumen im Herzen der Düsseldorfer Carlsstadt. Dort entwickelt er eine eigene Präsenz, findet Lohrer: „Der Teppich ist sehr raumgreifend und die Galerieräume von Clara Sels, in meinen Augen mit die schönsten der Stadt, schaffen einen idealen Platz, um in großzügiger Atmosphäre die Wirkung des Teppichs mit allen Sinnen zu erfassen.“ Ergänzend zeigt die Galerie weitere Kunstwerke – von Zeichnungen bis Kunsttapeten. 

 

Lohrer beschreibt den Schaffensprozess und wie die abstrakte Kunst auf den Teppich kommt: „Ich fertige die Arbei­t im Atelier im Künstlerhaus Salzmannbau an, dann wird diese digitalisiert. Im nächsten Schritt gebe ich diese Datei an die Teppich­ma­cher*innen weiter, der Kontakt entstand über die Mutter eines Freundes, die häufig schon nach Nepal gereist ist und einen lokalen Reiseleiter kennt. Wir haben dann eine Weberei in Kathmandu gefunden, die nicht nur Erfahrung und das Wissen mitbringt, sondern auch Ethik und Nachhaltigkeit in Einklang bringt. Über diesen persönlichen Ansprechpartner, der wortwörtlich vor Ort die Fäden in der Hand hält, hat sich eine echte Deutsch-Nepalesische Zusammenarbeit entwickelt.

 

Einige Monate dauert es im Schnitt, bis ein solcher Nepal-Teppich in reiner Handarbeit fertiggestellt ist. Aber durch die Corona-Situation mit Lockdowns, Schließung der Produktionsstätten und Coronaerkrankungen inklusive, dauerte das Ganze fast anderthalb Jahre. Doch das Warten hat sich gelohnt, findet Anke Lohrer, die sehr gespannt war in dem Moment, als sie das schwere Paket mit dem Teppich öffnete. „Denn“, ergänzt sie, „es war ja ein Experiment, ich wusste nicht, ob, und wie sich die abstrakte Malerei und die verschiedenen Farben übertragen lassen würden. Umso begeisterter bin ich über das Resultat, die Präzision und Qualität des Teppichs, und das alles auf althergebrachte Weise hergestellt.“ Die Fotos auf der Webseite der Künstlerin geben einen Eindruck davon. „Jeder Arbeitsschritt, vom Spinnen über das Färben bis zum Finishing, wird in Handarbeit ausgeführt. Das Vorbereiten des Knüpfstuhls, das Spannen der Fäden, das Knüpfen, das Nähen, das Mischen der Farben, das Waschen und Trocknen. Die Knüpfer*innen realisieren alles mit traditionellen Werkzeugen wie Kamm, Schere, Hammer, Klinge und Eisenstäben“, sagt Lohrer. 

 

Das Echo auf den Kunstteppich ist da, das Objekt löst Einiges aus bei den Besucher*innen – vielleicht auch, weil er in Zeiten von Zoom-Konferenzen und digitalen Ersatzwelten mit seiner Stofflichkeit eine Wirklichkeit konstruiert. 

 

„Dieses Projekt war eine aufregende Reise ins Unbekannte", sagt Lohrer, während sie in der Galerie von Clara Sels steht und bereits in die Zukunft blickt: „Ich werde definitiv weitere Bilder als Teppiche umsetzen.“ Und eine Reise zu den Knüpfer*innen in Kathmandu, ist auch geplant, um sich auch persönlich zu bedanken. Wenn Corona es wieder zulässt.

 

Galerie Clara Maria Sels

 

Daten Ausstellung: 12. März 2022 bis 28. Mai 2022

 

Poststraße 3, Innenhof, 40213 Düsseldorf

 

https://www.galerie-claramariasels.de

Öffnungszeiten
Mi-Fr 14 Uhr bis 18:30 Uhr, Samstag 12 Uhr bis 15 Uhr
Telefon: 0211 32 80 20
info@galerie-claramariasels.de